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Gardasee

Wandern am Gardasee

Wandern am Gardasee

 Der Gardasee, größter See Italiens, ist nicht nur durch den viel zitierten Goethe zum Spiegelbild der Sehnsüchte all jener geworden, die nördlich des Alpenhauptkamms über zu kurze, kühle Sommer und zu lange Winter klagen. Er steht für so gut wie alles, was zwischen Garmisch-Partenkirchen und Flensburg mit Italien in Verbindung gebracht wird: endlose Sonnenstunden, Badespaß, rasantes Surfen und Segeln über zackigen Schaumkronen, delikates Olivenöl, fruchtigen Wein, hohe Zypressen über blauem Wasser. Nicht zuletzt hat er sich in den vergangenen Jahren insbesondere im Nordteil zu einem Mekka der Mountainbiker entwickelt. Auch Kletterfreunde kommen an zahllosen Steilwänden auf ihre Kosten – in Arco fanden sogar schon mehrfach die Kletterweltmeisterschaften statt.

Die Folge der vielfältigen Freizeitmöglichkeiten sind die hohen Besucherzahlen. Weit über zwei Millionen Gäste reisen jährlich an die Gestade des Lago, ein großer Teil davon im Juli und August, wenn die italienischen Sommerferien mit denen vieler deutscher Bundesländer zusammenfallen. Dann heißt es auch: endlose Staus auf den Straßen um den See, überhöhte Preise in Hotels und Pensionen, schlecht gelauntes Personal in Restaurants und auf Campingplätzen.

Und hier kommen diejenigen ins Spiel, für die dieses Buch geschrieben ist: die Wanderer nämlich haben, sofern sie nicht an die Sommerferien gebunden sind, einen großen Vorteil. Der Gardasee eignet sich eigentlich das ganze Jahr über zum Wandern, am schönsten ist es nicht im Hochsommer, sondern im Mai, Juni und Oktober. Während im Frühjahr die Farben und Formen unzähliger Blüten und Blumen beglücken, sind es im Herbst das stabile Wetter, die Färbung der Laubbäume und das entspannte Durchatmen der Nachsaison, das förmlich um den ganzen See herum zu spüren ist.

Die Vielfalt der Landschaft macht die Region zum einzigartigen Wanderrevier. Zwischen 100 m und 2200 m über dem Meeresspiegel finden sich auf engem Raum zahllose Landschaftsformen und eine reichhaltige, oftmals endemische Flora und Fauna. Sonnige Olivenhaine, dichte Buchenwälder, saftige Almwiesen, enge Felsschluchten und zackige Grate lassen das Wandererherz höher schlagen. Und wo sonst lässt sich schon eine Wanderung auf windumtostem Grat zwischen Schneeresten beginnen und wenige Stunden später in wärmender Sonne am Seeufer im Angesicht sanft plätschernder Wellen bei einem entspannten Glas Wein oder einem Cappuccino beenden? 

Wanderregionen am Gardasee

Die Wanderregionen am Gardasee lassen sich gut anhand geographischer Gegebenheiten einteilen. Von Trento kommend, führt das fruchtbare, von Gletschern geschaffene Sarcatal zwischen den mächtigen Gipfeln Monte Casale, Brento, Monte Bondone und Monte Stivo nach Süden. Es endet schließlich, vom in seiner Mitte einsam aufragenden Monte Brione zweigeteilt, bei Riva und Torbole an den Wassern des Sees.

Hier beginnt der gewaltige Bergrücken des Monte-Baldo-Massivs. Er erstreckt sich mit steil zum Ufer abfallenden Felsflanken an der gesamten östlichen Seeseite entlang und endet erst auf der Höhe von Garda, wo er in sanfte, weinbewachsene Hügel übergeht. Diese fruchtbare, vom früheren Gletscherabraum gebildete Endmoränenlandschaft zieht sich dann um den gesamten, weitläufigen Südteil des Gardasees. Im Südwesten, auf der Höhe von Salò, geht das flache Gelände allmählich wieder in gebirgigere Landschaft über. Der westliche Gardasee wird von zahllosen markanten Gipfeln geprägt. Der nordwestliche Gardasee schließlich besticht durch steile Felswände, die direkt aus dem tiefblauen Wasser des hier schmalen und windreichen Sees in den Himmel emporzusteigen scheinen.

 Südliches Sarcatal : Inmitten weitläufiger Pflaumen-, Apfel- und Kiwiplantagen windet sich der Fluss Sarca, der im Sommer oft eher einem Rinnsal gleicht, nach Regenfällen aber zum breiten Strom anschwellen kann, am beschaulichen Drò und dem quirligen, geschichtsträchtigen Arco vorbei nach Süden. Das Tal wird im Osten von den mächtigen Monte Bondone und Monte Stivo (→ Tour 3) und im Westen von Monte Casale und Brento begrenzt. Weite, im Frühjahr und Sommer blumenübersäte Almwiesen begleiten den Wanderer am Monte Stivo und lassen nicht vermuten, dass auf der Ostseite mächtige Felsen zum Etschtal hin abbrechen. Die senkrecht aus dem Sarcatal emporsteigenden Felswände südlich des Monte Brento verbergen eine atemberaubende Wanderung mit Kraxelelementen über Eisentreppen und Drahtseilversicherungen (→ Tour 2). Westlich von Arco ragen die berühmten Kletterfelsen des Monte Colodri und Monte Colt empor. An ihrer Westseite zeigen sie sich sanft und bewaldet, so dass man ihre Gipfel auch ohne Kletterausrüstung bezwingen kann (→ Tour 5) – der Grat, der sie verbindet, hat allerdings durchaus einige spektakuläre Abschnitte mit Schwindel erregendem Blick ins Sarcatal!

Daneben bietet das Sarcatal ungewöhnliche Talwanderungen, so z. B. durch die felsübersäte Mondlandschaft der Marocche von Dro (→ Tour 1) oder durch Oliven- und Laubmischwälder vorbei an einigen alten Kalksteinbrüchen zu prähistorischen Ritzzeichnungen (→ Tour 4). In Arco weilte zudem im 19. Jh. für einige Wochen der Dichter Rainer Maria Rilke. Er durchwanderte den Ort und seine Umgebung und schrieb seine Eindrücke in Briefen und Gedichten nieder. Auf zwei beschaulichen Wanderungen (→ Touren 6 und 7) folgen wir seinen Spuren und stellen fest, dass trotz vieler Veränderungen manche seiner Eindrücke nichts von ihrem Zauber verloren haben.

► Monte-Baldo-Massiv : Der majestätische Gebirgsstock des Monte-Baldo-Massivs zieht sich entlang der gesamten Ostseite des Gardasees. Zunächst steigt er steil zum Gipfel des Monte Altissimo (→ Tour 9) empor und senkt sich dann zur Bocca di Navene und den Cime di Ventrar (→ Tour 11). Dann steigt er wieder an und führt über die Gipfel Cima delle Pozze und Cima Valdritta (mit 2218 m der höchste Punkt des Massivs) bis zur Punta Telegrafo. Diese Region ist durch steile Felsflanken, zackige Grate und endlose Geröllfelder geprägt und vermittelt dem Wanderer hochalpine Erlebnisse mit spektakulären Panoramen. Nach der Punta Telegrafo senkt sich das Massiv hin zum breiten Bergrücken der Costabella und den darunter liegenden weitläufigen Almflächen. Hier faszinieren Wanderungen (→ Touren 10 sowie 15 bis 17) über Blumenwiesen und durch Kastanienhaine, im Sommer begleitet vom Gebimmel unzähliger Kuhglocken.

Wer es mediterraner mag, kann das Massiv des Monte Baldo auch 1000 Höhenmeter niedriger erwandern. Hier ist das Klima milder und die Panoramen sind ähnlich beeindruckend wie oben. Bei Torbole beginnt die Palette mit Höhenwanderungen oberhalb des Seeufers durch Buchenwälder und Olivenhaine, immerzu das glitzernde Wasser des Lago vor Augen. Die Wege ziehen sich in stetem Auf und Ab vorbei an Malcesine, Brenzone und Torri del Benaco bis nach Garda (→ Touren 8, 12 und 13).

 Südlicher Gardasee : Der südliche Teil des Gardasees beginnt bei Garda und seiner steil aufragenden Rocca (→ Tour 18). Das Seeufer schwingt sich in weitem Bogen über die quirligen und mediterran anmutenden Ortschaften Bardolino, Lazise (→ Tour 19), Peschiera, Sirmione und Desenzano mit ihren malerischen Häfen bis nach Manerba mit seinem charakteristischen Felsen (→ Tour 20). Das flache Hinterland ist mit Weinreben bepflanzt (erhöhte Bekanntheit erlangte in den letzten Jahren der fruchtige Roséwein Chiaretto) und ansonsten ziemlich zersiedelt.

Nördlich von Manerba ändert sich die Landschaft und auf der Höhe von Salò steigen die ersten Ausläufer der waldreichen südlichen Brescianer Voralpen empor. Hier lässt sich auf einer malerischen Wanderung (→ Tour 21) vorbei an mehreren kleinen Kirchen das einsame Hinterland erkunden.

 Westlicher Gardasee: Der westliche Teil des Gardasees wird vom wald- und gipfelreichen Parco Alto Garda Bresciano dominiert. Oberhalb des mondänen Kurorts Gardone und des etwas zersiedelten Toscolano-Maderno ragen der zerklüftete Monte Castello di Gaino (→ Tour 23) und der mächtige Monte Pizzocolo, mit 1581 m höchster Gipfel im Südwesten, empor. Nördlich schließt sich oberhalb des pittoresken Orts Gargnano die wilde Cima Comer (→ Tour 24) mit ihren unzugänglichen bewaldeten, fast 1000 m hohen Abbrüchen zum Seeufer hin an. Nordwestlich der Cima Comer findet sich im einsamen, dicht bewaldeten Herzen des Parco Alto Garda Bresciano der mächtige Aussichtsgipfel des Monte Caplone (→ Tour 25), eine lange, spektakuläre Bergtour völlig abseits allen touristischen Trubels. Dichte Buchenwälder und weite Hochflächen, Steilhänge und Grate lassen sich dabei erkunden.

Wer es weniger alpin mag und die Nähe des Sees schätzt, kann im Valle delle Cartiere (→ Tour 22) auf historischen Pfaden der Papierproduktion wandeln. Nördlich von Gargnano verläuft die Küstenstraße durch zahlreiche Tunnel. Auf einer kurvigen Serpentinenstraße gelangt der Wanderer ins Dorf Tignale. Von hier läuft man aussichtsreich zu der einem Adlerhorst gleich auf einem Felsen gelegenen Wallfahrtskirche Santuario di Montecastello (→ Tour 26) am Monte Cas. Nördlich des Monte Cas mit seiner zum See hinabstürzenden Felsflanke kauert der frühere Industrieort Campione auf einer kleinen Landzunge am Seeufer. Nur über einen Tunnel erreichbar, ist er Ausgangsort für eine schöne Rundwanderung (→ Tour 27) zur Hochebene von Tremosine. Am westlichen Rand der Hochebene findet sich schließlich eine beschauliche Wanderung im stillen Tal des Flusses San Michele zu einer alten Einsiedelei (→ Tour 28).

 Nordwestlicher Gardasee: Der nordwestliche Teil des Gardasees beginnt geographisch beim malerischen und quirligen Ort Limone mit seinen zahlreichen verfallenen Zitronengärten. Er liegt am Seeufer unmittelbar unterhalb der gewaltigen Felswand der Cima Mughera. Eine aussichtsreiche Wanderung führt vom alten Hafen im Ort zwischen Zypressen etwas oberhalb des glitzernden Wassers entlang in Richtung Norden (→ Tour 29). Nördlich von Limone verläuft die Straße bis nach Riva zum guten Teil durch Tunnel. Von Riva aus gelangt man mit Auto oder Bus ins Tal des Flusses Ponale, das sich von Pré di Ledro zum Seeufer hin erwandern lässt (→ Tour 32). Dabei läuft man auf einem Teil der spektakulär in den Fels gehauenen alten Ponalestraße – ein einmaliges Erlebnis! Eine prächtige Panoramatour auf einem Grat hoch über dem Wasser verläuft von Pregasina über die Punta dei Larici und die Cima Bal (→ Tour 30). Hier bewegen wir uns auf dem Bergmassiv, das den Gardasee vom Ledrotal trennt. Im Ledrotal und dem weiter nördlich gelegenen Tennotal liegen die „kleinen Geschwister“ des Gardasees, der Lago di Ledro (→ Tour 31) und der Lago di Tenno (→ Tour 35). An ihren Ufern lassen sich gemächliche Wanderungen mit Badegarantie absolvieren.

Hoch über Riva thront als schneeweißer Fleck im scheinbar endlosen Fels der Berge die Kapelle Santa Barbara, die sich in einem schweißtreibenden Aufstieg erreichen lässt (→ Tour 33). Zu guter Letzt ist dem isoliert zwischen Riva und Torbole westlich der Mündung des Flusses Sarca liegenden Monte Brione eine Wanderung gewidmet (→ Tour 34). Sie verbindet spektakuläre Ausblicke auf See und Berge mit einem Wegverlauf zunächst entlang steiler Felsabbrüche und später durch Buchenwald und mediterrane Olivenhaine. So stellt diese Tour gewissermaßen die Essenz der Vielfalt dar, die das Wanderrevier Gardasee zu bieten hat. 

Wetter und Wandersaison

► Klima und Jahreszeiten: Das Klima am Gardasee ist für all jene, die nördlich der Alpen leben, Ausdruck der immerwährenden Sehnsucht nach besserem Wetter. Die Temperaturen sind ganzjährig mild, da die Berge die kalten Nordwinde abhalten. Die Wassermassen des Sees (366 km2 bei max. 364 m Tiefe) wirken zusätzlich ausgleichend – die Wassertemperatur fällt nie unter 8 °C.

Der Frühling setzt früh ein. Schon im März blühen am Seeufer die Wiesen. Der Sommer ist heiß, aber durch die häufigen Winde selten drückend. Im Herbst herrscht noch bis in den Oktober warmes, stabiles Wetter. Selbst im Januar kann es sonnige, milde Tage geben – die mittleren Januartemperaturen liegen etwa 2 bis 3 °C über denen in der Po-Ebene. Allerdings können dann nachts Minusgrade auftreten und die Gipfel und Grate der hohen Berge, allen voran der Monte Baldo, sind unter einer Schneedecke verborgen.

Dabei gibt es am See selbst beträchtliche Klimaunterschiede. Besonders mild und mediterran ist es an der Südwestecke. So herrscht in Gardone Riviera das mildeste Klima nördlich des Apennins.

Das Gebiet am Gardasee ist vor allem durch große Höhenunterschiede auf engem Raum charakterisiert: Salò im Südwesten liegt auf gerade mal 75 m, der höchste Gipfel am Monte Baldo, die Cima Valdritta, kommt dagegen auf 2218 m. Dies schlägt sich auch in den mittleren Tageshöchsttemperaturen nieder: Betragen sie z. B. im Juli in Salò 28,5 °C, liegen sie am Stausee Lago Pra de la Stua bei Brentonico am Osthang des Monte Baldo in 1045 m Höhe nur noch bei 21,7 °C (→ Diagramm Tagestemperaturen).

Die Niederschlagsmengen am Gardasee sind in etwa so hoch wie auf der Alpennordseite. Allerdings tritt hier insbesondere im Frühjahr und Herbst eine sog. Südstaulage auf. In diesem Fall presst von Süden wehender Wind die Luftmassen gegen die Alpensüdseite. Es bilden sich kräftige Wolken, die zu heftigem Regen und Unwetter führen können. Solch eine Wetterlage kann über mehrere Tage anhalten und führt auf der Alpennordseite zum berühmten Föhn, der dann – ausnahmsweise – die Wetterverhältnisse einmal umkehrt.

Der Südstau bedingt hohe Niederschlagsmengen, die allerdings häufiger in Form von Platzregen niedergehen, dafür aber an viel weniger Tagen als nördlich der Alpen. Die niederschlagsreichsten Monate sind in Malcesine Juni, August (wegen der Gewitterneigung im Hochsommer) und November. Am Lago Pra de la Stua sind es Mai und Oktober (→ Diagramm Niederschlagsmenge).

Die jährliche Sonnenscheindauer liegt am Gardasee deutlich höher als auf der Alpennordseite. In Malcesine scheint die Sonne im Schnitt 2044 Stunden im Jahr, in Oberstdorf nur 1596 Stunden.

► Wandersaison: Es mag auf den ersten Blick überraschend wirken, aber Wandersaison am Gardasee ist eigentlich (fast) das ganze Jahr über. Bedingt durch die großen Höhenunterschiede genießt der Wanderer das seltene Vergnügen, verschiedene Jahreszeiten im Laufe nur einer Tour (z. B. Tour 10) durchwandern zu können. Während am Monte Baldo gerade mal die ersten zarten Schneeglöckchen unter dem Schnee hervorspitzen, kann man bei Malcesine am Ende der Tour schon (fast) ins Wasser springen! Und während sich am Monte Baldo unter Umständen noch die Skifahrer auf den – zugegebenermaßen überschaubaren – Pisten tummeln, wandern wir bei Brenzone (→ Tour 13) oder der Rocca von Garda (→ Tour 18) schon durch blühende Wiesen.

Um die weltberühmte Blumenvielfalt des Monte Baldo kennenzulernen, ist der Zeitraum von Ende Mai bis Ende Juni am geeignetsten. Hohe Berge wie der Monte Stivo (→ Tour 3), der Monte Caplone (→ Tour 25) und eben der Monte Baldo (→ Touren 9 bis 11, 14 und 15) können allerdings durchaus bis Anfang Juni noch mit Schneeresten bedeckt sein.

Im Juli, August und bis Mitte September ist es am Gardasee nicht nur sehr voll und ziemlich heiß, sondern es steigt auch die Gewitterneigung. Zudem gibt es dann häufig die Besonderheit, dass der Kamm des Monte Baldo schon am frühen Vormittag von einer Wolkendecke verhangen ist, während am übrigen Gardasee die Sonne scheint. Dies erklärt sich durch die isolierte Lage des Bergmassivs, das an beiden Längsseiten von tiefen Tälern begrenzt wird. So steigt an der Ostseite die feuchtwarme Luft des milden Etschtals an den Bergflanken empor und kondensiert in den kühleren oberen Luftschichten. Dieses Phänomen kann bei einem stabilen Hoch mehrere Tage währen und ändert sich erst, wenn über mehr als einen Tag kräftige Winde zu wehen beginnen. Wegen der Gewitterneigung ist es in den Sommermonaten ohnehin ratsam, früh aufzustehen und seine Touren bis zum Nachmittag beendet zu haben.

Ein herrlicher Wandermonat ist meist der Oktober. Stabiles Wetter, klare Luft und eine spektakuläre Färbung der Buchenwälder prädestinieren ihn geradezu für die hoch hinausgehenden Touren. Hinzu kommt die Ernte der Kastanien, die mit zahlreichen Festivitäten verbunden ist. Allerdings sind im Oktober die Tage kurz, was bei langen Touren unbedingt berücksichtigt werden muss.

In den Wintermonaten lassen sich an schönen Tagen alle Talwanderungen und solche in Talnähe in entspannter Nebensaisonatmosphäre durchführen – während die Lieben daheim entweder im Regen oder im Schneematsch mit ihrem Schicksal hadern …!

Stein- und Felskunde für Wanderer

Die Berge um den Gardasee sind Teil der Südalpen und wurden durch Verschiebungen der Erdkruste empor gestemmt. Diese Auffaltung endete etwa vor 40 Millionen Jahren. In weiteren geologischen Prozessen, die bis vor etwa 5 Millionen Jahren andauerten, nahm das Gardaseegebiet seine heutige Form an. Da das Adamello-Massiv im Nordwesten des heutigen Sees als Gegenkraft auf die westlich gelegenen Berge wirkte, wurden diese zu einem breit aufgefächerten, komplexen System. Sein höchster Punkt im Norden ist der Monte Cadria mit 2254 m. Im südlichen Teil, den Brescianer Voralpen, dominiert der Gipfel des Monte Caplone mit 1976 m (→ Tour 25). Der Monte Baldo blieb von diesen Kräften verschont und stellt sich daher heute als ein eigenständiges Massiv mit schnurgeradem Kammverlauf dar.

In den folgenden Erdzeitphasen führte eine teilweise Bedeckung der Alpen durch Meere zu Sedimentablagerungen. Mit etwas Glück kann man z. B. am Monte Brione (→ Tour 34) versteinerte Zeugnisse dieser Epoche, wie beispielsweise Muscheln, finden.

Die harten Schichten der Berge am Gardasee bestehen aus Dolomit (der ältesten Gesteinsschicht), Granit und Gneis. Im Südwesten kommt auch der sog. lombardische Splitter aus der Kreidezeit vor, ein weiches, rötliches Gestein, z. B. im Valle delle Cartiere (→ Tour 22). Er enthält zahlreiche kleine Fossilien. Kalk und Kiesel finden sich am gesamten Westufer.

Am Monte Baldo kommen neben Dolomit, Gneis und Granit auch zahlreiche Marmorarten vor. Der Kalkstein späterer Epochen führt dazu, dass die Hänge des Massivs von unterirdischen Höhlen und Grotten durchzogen sind. In diesen verlaufen auch die meisten Wasserläufe talabwärts zum See. Einige Grotten haben einen Zugang von der Oberfläche her und können im Rahmen einer Führung besichtigt werden, z. B. die Grotte von Tanella bei Pai di Sopra (www.speleogarda-coop.eu). So erklärt es sich, dass am Monte Baldo nur sehr wenige Bäche an der Oberfläche bergab fließen.

Prähistorische Bergstürze haben einige beeindruckende Felswüsten geschaffen, in denen die tonnenschweren Blöcke in wildem Chaos herumliegen, die sogenannten Marocche (→ Touren 1 und 8).

Der Gardasee selbst ist durch den Ausschliff eines Gletschers entstanden, der durch das Sarcatal nach Süden drängte. Bei seinem Rückzug vor etwa 10.000 Jahren hinterließ er an beiden Ufern Terrassen und Schuttablagerungen bis auf die Höhe von 700 m. Um den südlichen Uferbogen etwa von Salò im Westen bis zur Punta San Vigilio im Osten schuf er Moränenablagerungen, die sich heute als sanfte Hügellandschaft zeigen. Sie verhinderten den Abfluss der Wassermassen und sorgten so dafür, dass der See sich bilden konnte. Sein einziger natürlicher Abfluss ist der Mincio, der sich beim heutigen Peschiera ein Bett durch die Moränenwälle gegraben hat.

Pflanzenwelt

► Die Vegetation wird maßgeblich durch die Höhenlage bestimmt. Das wird am Gardasee durch die großen Höhenunterschiede auf geringem Raum besonders deutlich. Während in Ufernähe teilweise submediterrane Vegetation (Palmen, Zypressen, Oliven, Zitronen) vorherrscht, werden die Bergregionen von alpinem Bewuchs (Latschenkiefern, Erika etc.) geprägt.

Submediterrane Region (bis etwa 1000 m): Das milde Sarcatal nördlich des Gardasees ist für seine Fruchtbarkeit bekannt. Dort werden Kiwifrüchte angebaut und die berühmten „Pflaumen von Dro“ geerntet. Auch Weinbau und Apfelplantagen gibt es hier. An den Ufern des Gardasees und in den flachen Seitentälern wachsen Zypressen, Oleander und Zedern, in Ufernähe sieht man auch palmengesäumte Promenaden. Im Süden ab Bardolino und Salò wird ebenfalls Wein angebaut. Bekanntheit hat in jüngerer Zeit insbesondere der Bardolino Chiaretto erlangt, ein fruchtiger Roséwein – perfekt geeignet, um sich nach einer ausgiebigen Wanderung bei einem eiskalten Glas selbst zu belohnen ...

Das westliche und südwestliche Ufer ist für seine Zitronengewächshäuser (Limone, Gardone) berühmt, die bis zum Beginn des 20. Jh. einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor am Gardasee darstellten. Das milde Klima führte auch dazu, dass botanische Gärten wie der Giardino Botanico Hruska angelegt wurden, der bei Gardone Riviera tausende tropischer und suptropischer Pflanzen präsentiert und der seit 1988 im Besitz von André Heller ist (www.hellergarden.com).

Weitere Bäume im submediterranen Gebiet sind Steineichen und Eschen. Dazwischen wachsen Rosmarin, Kapernstrauch, Margeriten, Geranien, Oleander. An den Ufern und Hängen des Gardasees gedeihen auch Olivenbäume. Die Haine um Arco sind die nördlichsten ganz Italiens.

Oberhalb von 400 m wachsen Flaumeichen, Hopfenbuchen, Schwarzkiefern und Waldkiefern. Im Buschwald finden sich Lorbeer, Terpentinbaum, Judasbaum, Vogelkirsche, Kreuzdorn, Glockenblumen, Veilchen und vereinzelt Haselnusssträucher, die jedoch in größeren Gruppen eher über 1000 m vorkommen (→ Tour 16).

Auf den Mähwiesen z. B. am südlichen Monte Baldo bei San Zeno, Lumini und Prada wächst eine vielfältige Blumenpracht aus Glockenblumen, Nelken, Lupinen, Hyazinthen, Narzissen, Mohn – je nach Jahreszeit. Eine der spektakulärsten Blumen ist die Feuerlilie, die auf italienisch „Giglia di San Giovanni“ heißt, weil sie um Johanni (24. Juni, Tag der Sonnwende) herum ihre riesigen feuerroten Blütenkelche öffnet.

Auf einer Höhe zwischen 400 m und 900 m gedeihen v. a. an den Hängen des Monte Baldo ausgedehnte Kastanienhaine. Unterschieden wird zwischen Edelkastanien (eher ovale Frucht) und Maronen (eher quadratische Frucht). Zur Zeit der Kastanienernte ab Mitte Oktober pilgern die Feinschmecker zum Fest von San Zeno di Montagna (→ Tour 14).

Gebirgslagen (ab etwa 1000 m): Über 1000 m finden sich um den Gardasee ausgedehnte Buchenwälder. Besonders schön sind sie am südlichen Monte Baldo oberhalb von Prada (→ Tour 15) oder am Monte Caplone (→ Tour 25). Es gibt auch weite Gebiete, in denen sich Buchen mit Weiß- und Rottannen und Kiefern mischen. Ebenfalls weit verbreitet über 1000 m ist die Haselnuss. In höheren Lagen oberhalb von 1500 m finden sich nur noch vereinzelt Buchen, dafür dominieren Latschenkiefern.

Die Almweiden am Monte Baldo und auf den westlichen Gardaseebergen beeindrucken durch reiche Blütenpracht. Pfingstrosen, Lilien, Knabenkräuter, Gelber und Blauer Enzian, Glockenblumen, Anemonen und viele andere tauchen die Berghänge im Frühsommer in ein Farbenmeer. Die Weiden reichen dabei vereinzelt bis auf über 2000 m empor wie z. B. an der Punta Telegrafo.

Während im hochalpinen Bereich keine Bäume mehr wachsen, kommen gerade dort viele geschützte Arten wie das Edelweiß oder die Alpenrose und sogar endemische Arten vor, z. B. die berühmte Ranuncolo di Kerner (Kerners Schmuckblume), die nur an wenigen Stellen des Monte Baldo wächst und Blumenfreunde aus aller Welt anzieht.

Die Pflanzenvielfalt des Monte Baldo war bereits im Mittelalter Gegenstand von Forschungen. Der Veroneser Botaniker Giovanni Pona gab schon 1607 ein umfassendes Bestimmungsbuch zu diesem Thema heraus. Wer sich heute ausführlich über die hochalpine Flora des Baldo informieren will, dem sei der alpine botanische Garten auf der Ostseite des Monte Baldo empfohlen: Der Orto Botanico del Monte Baldo liegt beim Rifugio Novezzina und ist über die Monte-Baldo-Höhenstraße ab Caprino Veronese über Ferrara di Monte Baldo zu erreichen (www.ortobotanicomontebaldo.org). 

Tierwelt

 Auch endemische Tierarten gibt es zahlreich am Gardasee und insbesondere im Gebiet des Monte Baldo. Allerdings handelt es sich dabei um gemeinhin weniger bekannte Wesen wie eine Unterart des Eismohrenfalters (ein Schmetterling; Erebia pluto burmanni) oder einen Laufkäfer (Cychrus cilindrocollis).

Unter den Vögeln gibt es einige bekanntere Arten zu bestaunen: diverse Schwalben- und Finkenarten, den Specht, den Wiedehopf, den Mauersegler, die seltenere Mönchsgrasmücke. Über den Gipfeln kreischen Bergdohlen, auch Turmfalken kommen vor, sogar der Steinadler zieht vereinzelt seine Kreise. In den Wäldern gibt es Rotwild, Füchse, Marder, Dachse, Hasen, Fasane, Rebhühner und den seltenen Auerhahn.

In der Dämmerung sowie in der Nacht flattern lautlos Fledermäuse, Schleiereulen und manches Mal der Uhu umher.

Auf den Trockensteinmauern huschen oftmals (Smaragd-)Eidechsen, seltener der Feuersalamander entlang.

Die häufigsten Schlangen sind die ungefährliche Glattnatter und die giftige Aspisviper, die beide knapp einen Meter lang werden können. Sie bleiben jedoch in der Regel unsichtbar, weil sie schon die Flucht ergreifen, wenn sie die Erschütterung eines Wanderschuhs wahrnehmen. Der Autor hat im Laufe seiner 35 Wandertouren ganze zwei Mal den Schatten einer Schlange am Wegesrand wahrgenommen.

Die für den Wanderer attraktivsten Tiere finden sich oberhalb der Baumgrenze: es sind die Gämsen („camosci“) und die Murmeltiere („marmotte“). Bei fast allen alpinen Wanderungen dieses Buches (→ Touren 9 bis 11 sowie 15) gibt es durchaus Chancen, sie zu sehen. Dabei galten die Murmeltiere um 1850 am Monte Baldo als ausgestorben. Eine Wiederansiedlung wurde erst 1975/76 mit Hilfe des Alpenzoos Innsbruck und der Region Aostatal begonnen. Sie verlief erfolgreich und trug wesentlich dazu bei, dass auch der Adler sich wieder etablieren konnte.

Sogar Bären haben sich in den weiten Flanken des Monte Baldo schon herumgetrieben. Das bisher letzte Mal wurden im April 2011 von Waldarbeitern Bärenspuren oberhalb von Belluno Veronese in etwa 1400 m Höhe entdeckt – den dazugehörigen Bären haben sie aber nicht gesichtet ... ■

Ausrüstung und Verpflegung

 Ausrüstung: Viele Wanderwege am Gardasee führen über steinigen Untergrund, so dass für die allermeisten Touren knöchelhohe Wanderschuhe mit gutem Profil notwendig sind. Einige Spazierwege in der Ebene (→ Touren 6, 7, 19, 31 und 35) lassen sich mit Turnschuhen oder Outdoorsandalen ebenfalls erwandern, bei allen anderen Touren raten wir nachdrücklich zu passendem Schuhwerk! Ebenso zur Ausrüstung gehören ausreichend Sonnenschutz, Erste-Hilfe-Set, Kopfbedeckung, Regenjacke und ein dicker Pullover bzw. Funktionskleidung nach dem Mehrschichtprinzip (Letztere vor allem im Frühling/​Herbst und in Höhenlagen). In den Wintermonaten sind Mütze und Handschuhe sinnvoll. Wanderstöcke sind vor allem bei längeren steilen Auf- und Abstiegen von Vorteil. Bei manchen Wanderungen (→ Touren 19, 31 und 35) sollte man im Sommer die Badesachen einpacken, weil man nahezu an jeder Ecke eine neue Badestelle vor sich hat!

 Verpflegung: Nicht sparen sollten Sie beim Getränkevorrat: 1,5 bis 2 Liter Wasser pro Person sollten es schon sein; Quellen, Brunnen oder Einkehrmöglichkeiten finden sich nur auf einigen Strecken und sind bei den Touren angegeben. Ähnlich verhält es sich mit dem Proviant: Lieber ein paar Müsliriegel oder Sandwiches zuviel dabei haben, als sich die letzten Kilometer mit knurrendem Magen den Berg hinauf zu quälen. 

Notfall und Notfallnummern

 Ein Handy mit vollem Akku sollte man immer dabei haben, um im Notfall folgende Nummer wählen zu können: Tel. 112, die europaweite Notrufnummer. Unter Tel. 118 sind Notarzt und Rettungswagen zu erreichen, unter der gleichen Nummer kann man sich auch an die italienische Bergrettung Soccorso Alpino (Corpo Nazionale Soccorso Alpino e Speleologico, kurz CNSAS) weiterverbinden lassen. Ein paar Worte Italienisch sind bei diesen Telefonaten von großem Vorteil. Wer kein Handy dabei hat oder sich im Funkloch befindet, das internationale Notrufsignal am Berg lautet: optisches oder akustisches Signal 6x hintereinander mit jeweils 10 Sekunden Abstand dazwischen, danach 1 Minute warten, Notruf wiederholen (6 Signale im Abstand von je 10 Sekunden). 

Tourplanung und -durchführung

Unsere ausgewählten Touren sind zumeist Rundwanderungen, z. T. auch Streckenwanderungen, d. h. der Rückweg entspricht dem Hinweg. Dabei können Sie aus einer großen Bandbreite von anstrengenden Tageswanderungen bis hin zu kurzen leichten Touren auswählen. Die jeweils angegebene Dauer der Touren ist als reine Gehzeit ohne Pausen zu verstehen. Mit Kindern wird es möglicherweise etwas länger dauern. Hunde sollten generell an der Leine geführt werden. Grundsätzlich ist ein zeitiger Aufbruch zu empfehlen (→ Tageslängen Riva, Wetter und Wandersaison). So weicht man im Sommer eher der Hitze aus und minimiert das Risiko, in einen Gewitterregen zu gelangen. Zudem ist selbst im Sommer der Verkehr um den Gardasee vor acht Uhr noch erträglich und man kommt dann erheblich schneller zum Ausgangsort. 

► Standorte: Der Gardasee besticht nicht nur durch die große Vielfalt und Schönheit seiner Landschaft – auch die ihn umgebenden Ortschaften haben einiges zu bieten. Malerische, verwinkelte Gassen, bunte Häuser mit jahrhundertealter Bausubstanz, würdevolle Kirchen, steinerne Burgen und moderne Museen gehören dazu.

Da die Entfernungen nicht allzu groß sind, ist man in der Wahl der Quartiere vergleichsweise flexibel (wobei der Verkehr auf der Uferstraße und der damit verbundene Zeitverlust nicht unterschätzt werden darf). Eine Anfahrtszeit über 0:30 Std. wird man selten benötigen.

Im Norden bieten sich für die Touren 1 bis 8 und 30 bis 35 sowohl Arco als auch Riva und Torbole als Standort an. Arco ist zusätzlich als Mekka für Kletterer und Mountainbiker bekannt. Hier herrscht trotz allen Trubels eine recht entspannte Atmosphäre und die engen Gassen des historischen Zentrums sind in jedem Fall einen Besuch wert. Nebenbei bemerkt, ist hier die Auswahl an Outdoor- und Fahrradbekleidung der großer Städte wie München durchaus ebenbürtig. Riva gibt sich etwas mondäner und ist von seinem großzügig bemessenen Marktplatz am Seeufer und der Architektur der österreichisch-ungarischen Monarchie geprägt. Torbole schließlich ist Verkehrsknotenpunkt am nordöstlichen Seeufer und vor allem Aufenthaltsort der Surfer.

Für die Touren 9 bis 11 ist trotz allen Trubels Malcesine der geeignete Standort, da hier die Seilbahn auf den Monte Baldo führt. Somit spart man sich eine Anfahrt mit dem Auto. Übrigens: früh am Morgen oder spät am Abend, wenn die Touristenmengen der Tagesbusse fort sind, lässt sich der Charme der alten Gassen und der Skaligerburg ganz gut genießen.

Malcesine ist auch eine Option für die Touren 12 und 13. Alternativ bieten sich hier die Streugemeinde Brenzone oder Torri del Benaco mit seiner malerischen Skaligerburg an. Hier geht es einen Tick ruhiger zu als in Malcesine.

Für die Wanderungen 14 bis 17 ist der ideale Standort San Zeno di Montagna (→ Kasten Tour 14), eine beschauliche Berggemeinde abseits des Trubels. Eine wenig bekannte, aber lohnenswerte Alternative stellt Caprino Veronese östlich des Monte-Baldo-Massivs dar. Dieser ruhige Ort bietet zahlreiche Agriturismo-Unterkünfte und man ist auf gut ausgebauter Straße schnell in San Zeno oder Prada.

Für die Wanderungen 18 und 19 kann man wahlweise in Garda, Lazise oder Bardolino logieren. Garda hat den Vorteil, Ausgangspunkt beider Touren zu sein.

Sucht man ein Quartier für die Touren 20 bis 24, bietet sich Salò mit seiner mondänen und zugleich beschaulichen Promenade und der großzügigen Architektur an. Da der Ort zu Beginn des 20. Jh. bei einer Feuersbrunst fast vollständig zerstört wurde, besteht das Zentrum nun aus einem baulichen Ensemble selten gesehener Harmonie.

Auch Gargnano mit seinem kleinen Hafenbecken ist ein reizvoller Standort für die Touren 23 und 24, ebenso für die Tour 25 zum Monte Caplone. Dies ist die einzige Wanderung des Buchs, bei der mit einer längeren Anfahrt kalkuliert werden muss (gut eine Stunde ab Gargnano).

Für die Touren 27 und 29 ist das quirlige Limone mit seiner pittoresken Altstadt und den bekannten Zitronengärten geeigneter Ausgangspunkt.

Um die Touren 26 und 28 zu bestreiten, bietet es sich an, Quartier auf der Hochebene von Tremosine zu nehmen, um sich die kurvenreiche Anfahrt vom Ufer zu ersparen. Auch die Tour 27 kann von hier aus absolviert werden. 

► Wanderwege und ihre Markierungen: Obwohl der Gardasee ein Wandergebiet mit langer Tradition ist, sind Markierungen und Wegzustand der einzelnen Touren recht unterschiedlich. Häufig stehen alte, verblasste Markierungen (meist rot-weiß oder rot-weiß-rot) neben neuen Wegweisern anderer Farbe, die Fernwanderwege oder in lokalen Karten ausgestaltete Routen markieren. Das kann mitunter verwirrend wirken.

Zudem stehen Wegweiser nicht immer da, wo man sie vermuten würde, und Markierungen sind manchmal am Boden oder an Baumstämmen angebracht und daher leicht zu übersehen. Eine typische „Spezialität“, die man auch in anderen Regionen Italiens findet, sind Markierungen, die plötzlich aufhören und dann, irgendwann, viel später, vielleicht wieder weitergehen – vielleicht aber auch nicht ...

Dennoch sind die Wege in diesem Buch bis auf wenige Ausnahmen, auf die extra hingewiesen wird, gut erkennbar und in zufriedenstellendem Zustand.

► Fernwanderwege/Wanderwege: Der Bassa Via del Garda ist ein Weitwanderweg, der aus zwei nicht zusammenhängenden Teilen besteht und in der Regel gut markiert ist (BVG). Am Westufer führt er von Limone bis Salò (ca. 50 km) und hat dabei abschnittsweise alpinen Charakter (bis über 1000 m). Unsere Wanderungen 26 und 27 folgen teilweise seinem Verlauf. Am Ostufer startet er oberhalb des Seeufers bei Torbole und steigt zunächst bis auf über 1000 m. Auf der Höhe von Navene kommt er bis auf 400 m herab und verbleibt im weiteren Verlauf in Höhen zwischen 400 m und 800 m. Bei Cassone erreicht er dann fast das Seeufer. Ab hier folgen unsere Touren 12 (komplett) und 13 (teilweise) seinem Verlauf bis zur Punta San Vigilio.

Das hochalpine Gegenstück, der etwa 25 km lange Alta Via del Monte Baldo, beginnt bei San Giacomo östlich des Monte Altissimo und führt über diesen und den gesamten Kamm des Monte Baldo bis Caprino Veronese (Weg Nummer 622). Die Touren 9, 11 und 15 folgen teilweise seinem Verlauf.

Der Sentiero della Pace, der Friedensweg, ist ein Weitwanderweg, der über 450 km von den Sextener Dolomiten über Südtirol und das Trentino bis fast zur Schweizer Grenze führt. Er wurde als Versöhnungsprojekt ab den 1950er-Jahren auf Basis der alten Militärwege des Ersten Weltkriegs angelegt. Ein Abschnitt führt von Riva über den Monte Brione zum Monte Altissimo (→ Touren 9, 34). Er ist mit einer weißen Taube markiert.

Wer den gesamten Gardasee per Fuß umrunden will, begibt sich auf den Giro del Benaco. Information über die Umwanderung finden sich ausschließlich im Internet; Publikationen dazu gibt es nicht.

Neben den genannten Weitwanderwegen gibt es eine Fülle lokaler Touren, die entsprechend benannt und ausgeschildert sind, z. B. den Giro del Crero um den Monte Luppia (→ Tour 13). Dabei gelten allerdings die im Abschnitt „Markierungen“ beschriebenen Einschränkungen.

► Touristeninformation von zu Hause aus: Das staatliche Fremdenverkehrsamt ENIT betreibt in Deutschland und Österreich jeweils ein Büro.

ENIT in Deutschland, Barckhaus-str. 10, 60325 Frankfurt, Tel. 004969/237434, www.enit.de.

ENIT in Österreich, Mariahilferstr. 1b, 1060 Wien, Tel. 00431/5051639, www.enit.at

► Touristeninformation vor Ort: Nahezu jeder Ort am Gardasee hat ein eigenes Tourismusbüro. Einige dieser Büros (uffici) wie in Tenno oder San Zeno di Montagna haben allerdings nur in der Hauptsaison geöffnet. Die Büros in den Hauptorten Riva, Arco, Malcesine, Limone oder Salò sind mit umfangreichem Material bestückt und oft deutschsprachig. Neben den staatlichen Fremdenverkehrsämtern APT (Agenzia di Promozione Turistica) und I.A.T. (Informazioni e Accoglienza Turistica) gibt es die privaten Büros Pro Loco.

Da die Öffnungszeiten der Büros ja nach Saison stark variieren und darüber hinaus oft geändert werden, wird hier auf detaillierte Angaben verzichtet. Die Büros in den Haupttouristenorten wie Arco, Riva, Limone und Malcesine haben jedoch zumindest in der Hauptsaison Mo–Sa, oftmals auch So Vormittag geöffnet.

Die Auskünfte über Wanderwege sind in der Regel eher spärlich und die lokalen Karten oft ungenau und daher kaum zu gebrauchen. In manchen Büros, insbesondere in Riva, Arco und Limone gibt es allerdings Tourenvorschläge, die zumindest als Appetitanreger dienen können.

Arco: APT-Büro, Viale delle Palme 1, 38062 Arco, Tel. 0464-532255, www.gardatrentino.it.

Bardolino: IAT-Büro, Piazzale Aldo Moro 5, 37011 Bardolino, Tel. 045-7210078, www.tourism.verona.it.

Brenzone: IAT, Fraz. Porto, 37010 Brenzone, Tel. 045-7420076, www.brenzone.it.

Garda: IAT-Büro, Piazza Donatori di Sangue 1, 37016 Garda, Tel. 045-7255824, www.tourism.verona.it.

Gardone Riviera: IAT-Büro, Corso Repubblica, 8, 25083 Gardone Riviera, Tel. 0365-7255824, iat.gardoneriviera@​provincia.brescia.it.

Gargnano: Pro Loco, Piazza Boldini 2, 25084 Gargnano, Tel. 030-3748736, www.gargnanosulgarda.it.

Lazise: IAT-Büro, Via Francesco Fontana 14, 37017 Lazise, Tel. 045-4223017, www.tourism.verona.it.

Limone: IAT-Büro, Via IV Novembre 29/L, 25010 Limone sul Garda, Tel. 0365-954265, www.visitlimonesulgarda.com.

Malcesine: IAT-Büro, Via Capitanato 6–8, 37018 Malcesine, Tel. 045-7400044, www.malcesinepiu.it.

Riva del Garda: APT-Büro, Largo medaglie d’Oro al Valore Militare 5, 38066 Riva del Garda, Tel. 0464-554444, www.gardatrentino.it.

Salò: IAT-Büro, Piazza S.Antonio 4, 25087 Salò, Tel. 030-3748745, iat.salo@​provincia.brescia.it.

San Zeno di Montagna: IAT-Büro, Contrada Cà Montagna, 37010 San Zeno di Montagna, Tel. 045-6289296, www.comunesanzenodimontagna.it.

Tenno: IAT-Kiosk am Parkplatz, Lago di Tenno, 38060 Tenno.

Tignale: Pro Loco, Via Europa 5, 25080 Tignale, Tel. 0365-73354, www.tignale.org.

Torbole sul Garda: APT-Büro, Via Lungolago Conca d’Oro 25, 38069 Torbole sul Garda, Tel. 0464-505177, www.gardatrentino.it.

Torri del Benaco: IAT-Büro, Via Fratelli Lavanda 1, 37010 Torri del Benaco, Tel. 045-6296482, www.comune.torridelbenaco.vr.it.

Toscolano-Maderno: IAT-Büro, Via Sacerdoti, 25088 Toscolano-Maderno, Tel. 030-3748741, iat.toscolanomaderno@​provincia.bs.it.

Tremosine: Pro Loco, Piazza Marconi 1, 25010 Tremosine, Tel. 0365-953185, www.infotremosine.it.

► Unterwegs am Gardasee: Gewöhnlich ist ja das eigene Automobil auch des Wanderers liebstes Fortbewegungsmittel. Damit ist er unabhängig und nicht auf Ankunfts- und Abfahrtszeiten angewiesen. Am Gardasee allerdings kann einem die Lust am Autofahren zumindest in der Hauptsaison vergehen. Dann wälzen sich die Blechschlangen auf den Uferstraßen Gardesana Orientale und Occidentale oft nur im Schritttempo vorwärts. Auf den Ortsdurchfahrten sorgen Verkehrschaos und ein Durcheinander von Kreisverkehren, Ampeln und Fußgängermassen, die an allen möglichen Stellen die Straßen überqueren, regelmäßig für Stillstand.

Hinzu kommt, dass vor allem in den Küstenorten oftmals Parkplatzmangel herrscht und das Parken zudem gehörig den Geldbeutel belastet: Unter 1 € pro Stunde parkt man selten, auch 2 € sind möglich. Bei einer Tageswanderung kommen da schnell über 10 € zusammen (von November bis Mai gibt es in manchen Orten keine Parkgebühren!).

Vermeiden lässt sich dieser nervenaufreibende Zustand nur, wenn man die Monate August, September und die Wochenenden meidet oder früh aufsteht (vor 8 Uhr sind die Straßen relativ leer) und spät zurückkehrt (nach 21 Uhr). Sofern die Anfahrtsroute einer Wanderung es erlaubt, kann man aber auch den Bus und/oder das Schiff benutzen. Im Bus steht man zwar unter Umständen auch im Stau, muss aber zumindest nicht selber fahren und keinen Parkplatz suchen.

Das öffentliche Busnetz am Gardasee ist insgesamt gut ausgebaut und deckt das gesamte Gardaseeufer ab und, mit allerdings oftmals nur wenigen Fahrten am Tag, auch das gebirgige Hinterland.

Das Nordufer befahren die Busse der Trentino Trasporti (www.ttspa.it) zwischen Riva, Torbole, Arco und dem Hinterland sowie bis Rovereto und Trento.

Das Westufer wird von SIA (www.sia-autoservizi.it) bedient, die etwa zwischen 7 und 19 Uhr von Arco über Riva bis Salò und Brescia fahren, aber auch auf der Hochebene von Tremosine verkehren.

Im Südwesten und Süden sind die Busse von Trasporti Brescia Nord (www.trasportibrescia.it) unterwegs und verkehren von Riva bis Desenzano und am südlichen Uferbogen.

Das Ostufer wird von Azienda Trasporti Verona (ATV, www.atv.verona.it) abgedeckt, die etwa zwischen 7 und 20 Uhr von Riva bis Verona unterwegs sind.

Busfahrkarten bekommt man, sofern man sich nicht an einer größeren Bushaltestelle mit Biglietteria befindet, in Tabacchi- und Zeitschriftenläden. Ein Nachkaufen im Bus ist mittlerweile im Gegensatz zu früher meist möglich. Dann wird es aber etwas teurer.

Der Schiffsverkehr wird von Navigazione Lago di Garda (www.navigazionelaghi.it) durchgeführt. Insgesamt fährt die Gesellschaft 29 Orte am gesamten Gardaseeufer an. Die Kosten belaufen sich auf 34,30 € für eine Tageskarte (erm. 17,60 €). Etappen zwischen zwei Orten kosten etwa 3 € und addieren sich der Anzahl der Anfahrtsstationen entsprechend auf.

Zwischen Toscolano-Maderno und Torri del Benaco (Juni bis Okt.) sowie Limone und Malcesine (April bis 8. Okt.) werden zwischen 9 und 18 Uhr auf den Fähren auch Autos transportiert. Die Kosten liegen bei 6,50 € pro Person und 10,70–21,30 €, je nach Größe des PKW.

Eine weitere Autofähre verkehrt zweimal täglich auf der Strecke von Riva nach Desenzano (9.25 und 15 Uhr von Riva, 9.45 und 15.05 Uhr von Desenzano).

Detaillierte Fahrpläne gibt es im Internet und an den Verkaufsstellen, die sich meist an der Anlegestelle befinden.

Kontakt: Navigazione Lago di Garda, 25015 Desenzano, Piazza Matteotti 1, Tel. 030-9149511, numero verde (gebührenfrei in Italien) Tel. 0800-551801. 

 Spezielle Internetseiten für Gardaseewanderer

www.gardasee.de: Infos in Hülle und Fülle – Unterkünfte, Veranstaltungen etc.

www.gardasee.com: allgemeine Infos, Unterkünfte, Restaurants etc.

www.gardatrentino.it: Infos, Tipps, Öffnungszeiten für den Norden, auch deutschsprachig.

www.tourism.verona.it: Infos, Tipps, Öffnungszeiten für den Südosten, auch deutschsprachig.

www.bresciatourism.it: Infos, Tipps, Öffnungszeiten für den Südwesten, auch deutschsprachig.

www.meteotrentino.it: Wetterbericht für den Norden des Gardasees, auch deutschsprachig.

www.meteo.it: Wetterbericht für Italien, nur italienisch.

www.agraria.org: umfassende Infos zu allen Naturparks am See, italienisch.

www.parks.it: reichhaltige Seite zu Naturparks in Italien, auch deutsch. 

► Straßen-, Land- und Wanderkarten: Als Straßenkarten empfehlen sich entweder Trentino/Südtirol von Kümmerly & Frey (1:200.000, 10,90 €), vom TCI Italien oder Marco Polo Südtirol/Trentino (1:200.000, 9,99 €).

Zum Gardasee gibt es zahlreiche Wanderkarten, die, wie man bei intensiver Nutzung und den oft nicht leicht zu findenden Wegen feststellen wird, alle nicht frei von Fehlern sind. Von der Abdeckung am umfassendsten sind die Kompass-Karten im Maßstab 1:25.000, die auch in Deutschland erhältlich sind.

Vor Ort gibt es Kartenblätter von 4Land (1:25.000) und LagirAlpina (1:25.000). Grundsätzlich sind die neuen Karten alle GPS-fähig. Alle Karten kosten etwa 8–10 €.

Als einzige Karte mit kompletter Abdeckung des Monte Baldo in einem Blatt ist die recht neue 4Land Monte Baldo (1:25.000) für etwa 10 € zu empfehlen, die es auch für das Gebiet des nördlichen Seeabschnitts gibt („Valli dei Laghi Alto Garda“). Diese beiden Karten sind sehr exakt und detailgenau.

In den Touristenbüros von Arco und Riva erhält man eine kostenlose Karte, auf denen das Gebiet nördlich des Gardasees (Torbole, Riva, Arco) mit seinen Orten recht detailliert dargestellt ist.

In San Zeno gibt es im Tourismusbüro eine brauchbare „carta dei sentieri“ mit zahlreichen Wanderungen. ■

 Literaturtipps

Fohrer, Eberhard: Gardasee. Michael Müller Verlag 2016. Umfassender Reiseführer mit zahlreichen praktischen Tipps.

Pippke, Walter/Leinberger, Ida: Gardasee, Verona, Trentino, Mantua. DuMont Verlag 2011. Kunstreiseführer in gewohnter Qualität. Für alle kulturgeschichtlich Interessierten ein Muss.

Costatini, Luciano/Kock, Lil de: Bilderflora des Baldo. CGAV 2009. Schwergewichtiges Kompendium zu Flora und Fauna des Baldo-Gebiets mit vielen Fotos und Hintergrundinformationen. Zweisprachig.

Stephan, Rainer: Gebrauchsanweisung für den Gardasee. Piper 2007. Amüsantes und Wissenswertes zum Lago zum Vorlesen, Dort-Lesen oder Nachlesen, feuilletonistisch dargeboten.

Wolffheim, Franziska: Gardasee. Wo der Süden beginnt. Insel Taschenbuch 2006. Kurze, oft fragmentarische Geschichten und Eindrücke, die sich zu einem poetischen Gesamtbild verdichten.

Kellermann, Monika/Bernhart, Udo: Gardasee. Eine kulinarische Rundreise. Collection Rolf Heyne 2010. Eine mit prächtigen Fotos dargebotene Mischung aus Restauranttipps, Porträts und Hintergrundinformationen, die Appetit macht.

Schramm, Godehard: Zweite Heimat Gardasee. Wiesenburg 2011. Geschichte und Geschichten aus drei Jahrzehnten von einem Sprachkünstler und Gardaseekenner. Manchmal verschroben, aber kenntnisreich und amüsant zu lesen.

Filosi, Elena: Rainer Maria Rilke ad Arco. MAG Edizioni 2010. Bis jetzt leider nur in italienischer Sprache erhältliches Büchlein über Rilkes Aufenthalt in Arco und Umgebung (→ Touren 6 und 7).

Bonavida, Giuliana: Umweltfragmente. euroedit 1997. Etwas älteres, zeitlos kenntnisreiches Büchlein über das nördliche Drittel des Gardasees und sein Umland.

Simoni, Carlo: Das Besucherzentrum des Naturparks des Oberen Gardasees. Comunità Montana Alto Garda Bresciano 2002 (dreisprachig). Weit mehr als ein Museumsführer, mit vielen Hintergründen zu Geschichte, Kultur und Geomorphologie der westlichen Gardaseeseite. 

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